Buddenbrooks und die Anfänge der Familienpsychologie in Der Wagen 2008Bildmotiv: Ingrid M. Schmeck; Einband: Atelier Karstedt

Buddenbrooks und die Anfänge der Familienpsychologie

Titel

Buddenbrooks und die Anfänge der Familienpsychologie. In: Der Wagen. Lübecker Beiträge zu Kultur und Gesellschaft. Hrsg. von Manfred Eickhölter.
Lübeck 2008, S. 120-137.

Einführung

Wer Buddenbrooks heute liest, weiß, was aus dessen Verfasser nach der Vollendung des Romans wurde. Sein Lebensweg liegt abgeschlossen vor uns. Nachdem der Familienroman fertig war, gründete Thomas Mann eine Familie. Mit der Darstellung des Verfalls einer Lübecker Kaufmannsfamilie des 19. Jahrhunderts wurde der Grundstein gelegt für den Aufstieg einer Künstler- und Gelehrtenfamilie, die das kulturelle Deutschland des 20. Jahrhunderts mitprägte. Was biografisch als Flucht und Vertreibung aus der Welt der Väter begann, wurde als literarische Darstellung von Verlust, Abschiedsschmerz und Aufbruchswillen zum Fundament für ein neues Haus im gelobten Land der Kunstwelt. Und das Haus erwies sich für den Erbauer als Segen. Für seine Frau und seine Kinder, für die Mit- und Nachwelt hatte es ebenfalls viel Gutes zu bieten, ist aber bis heute als psychosoziales Gebilde umstritten, weil in ihm auch viel Leid zu ertragen war. Es steht somit außer Frage, dass die Transformation einer altständischen, genauer gesagt, stadtaristokratischen Kaufmanns- in eine moderne Künstlerfamilie, an deren entscheidendem Wendepunkt ein Familienroman steht, Stoff und Herausforderung für familienpsychologische Betrachtungen sein kann, wenn nicht sogar sein sollte.